Prove­nien­z­forschung

Die Koordinierungsstelle Provenienzforschung berät unsere öffentlichen kulturgutbewahrenden Einrichtungen zu Entziehungswegen in der Kolonialzeit, NS-Zeit und in der SBZ/DDR. Sie gibt Hilfestellung zur Förderung von Forschungsprojekten und zu Recherchetools wie online-Datenbanken. 

So gelingt es Museen, selbst nach mehr Details zu suchen, um die Herkunft ihrer Bestände zu erschließen, historisch-politisch aufzuarbeiten und für ihre Vermittlungs- und Bildungsarbeit fruchtbar zu machen.

Provenienzen erforschen meint die Herkunft und Geschichte von Kunstwerken, Antiquitäten und anderen gesammelten Objekten zu untersuchen.

Provenienzforschung dokumentiert Objektbiografien, also die Vergangenheit eines Kulturgegenstandes ab seiner Entstehung: Wann und unter welchen Umständen wechselte es seine:n Besitzer:in, Eigentümer:in und Standort?

Die Methoden der Provenienzforschung dienen zur Aufdeckung, Aufarbeitung und Wiedergutmachung unrechtmäßiger Besitzwechsel wie durch Raub in kolonialen Kontexten, durch Beschlagnahmemaßnahmen des NS-Regimes und durch besatzungshoheitliche bwz. staatliche Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).

Beratung, Förderung, Weiterbildung

  • Nach einer gemeinsamen Bedarfsanalyse entwickelt die Koordinierungsstelle Provenienzforschung in Abstimmung mit anfragenden Museen aus Sachsen-Anhalt Möglichkeiten zur Erforschung der hauseigenen Sammlungsgeschichte, von etwaigen Akteur:innen und Provenienzen bestimmter Sammlungsteile/-objekte
  • Im Zuge einer Projektentwicklung berät die Koordinierungsstelle hinsichtlich eines Förderantrages: 
    • beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste: kurzfristige Förderung (Einzelfallprüfung, Erstcheck, max. 6 Monate, max 40.000  € ohne Eigenanteil) oder langfristige Förderung (systematische Bestandsprüfung, Kontextforschung, Grundlagenforschung, max. 36 Monate, 10 Prozent monetärer Eigenanteil)
    • beim Land Sachsen-Anhalt (nach Kulturförderrichtlinie, i.d.R. 50 Prozent Eigenanteil)
  • Die Koordinierungsstelle Provenienzforschung beantwortet von Anfragen von Museen, Forschenden, Institutionen, Journalisten und Privatpersonen.
  • Vertretung in den Gremien:
    • Arbeitskreis Provenienzforschung e. V., hier insbesondere AG SBZ/DDR und AG koloniale Kontexte
    • AG Provenienzforschung der Konferenz der Museumsberatungsstellen in den Ländern (KMBL)
    • Netzwerk Provenienzforschung Mitteldeutschland 
    • Arbeitstreffen „Jüdisches Erbe in Sachsen-Anhalt“

Projekte

Virtuelle Karte Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt

Erstcheck heißt eine Methode für die Suche nach belasteten, insbesondere NS-verfolgungsbedingt entzogenen Objekten in Museumssammlungen.

Mit der Organisation von Erstcheck-Staffeln unterstützt der Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. seit 2016 Museen beim Einstieg in die Provenienzforschung. Dafür wirbt der Verband Fördergelder beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste ein und organisiert den Ablauf samt Beauftragung einer Provenienzforscherin, eines Provenienzforschers. 

Beim Erstcheck überprüfen die Museen mit externer Expertise ihre Sammlungen nach Verdachtsmomenten auf NS-Raubgut oder auf historisch bzw. kulturell sensible Objekte aus kolonialen Kontexten. Eine Prüfung hinsichtlich Kulturgutentziehungen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ist z. Zt. nicht förderfähig.

Zu den Bedingungen und zum Ablauf eines Erstchecks können Sie sich in der Publikation „Erstcheck Provenienzforschung. Eine Handreichung für die Praxis" (Saskia Johann, Annette Müller-Spreitz, Alexander Sachse, hrsg. von dem Museumsverband des Landes Brandenburg e.V., dem Museumsverband Hessen e.V. und dem Museumsverband Sachsen-Anhalt e.V. Bernburg, 2024, 44 Seiten) informieren.

Projekte des Museumsverbandes, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste:

  • 12/2022–6/2023 Erstcheck koloniale Kontexte (Teilnehmer: Museum Aschersleben, Städtisches Museum Halberstadt, Museum Wolmirstedt), Christian Jarling
  • 1/2022–1/2023 „Der Afrikareisende Hans Schomburgk – Sammeln, um zu zeigen. Erwerbskontexte von ethnologischen Objekten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert“ in Kooperation mit dem Museum Burg Querfurt und dem Leibniz-Institut für Länderkunde Leipzig, Dr. Lars Müller

Projekte des Museumsverbandes, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste:

  • 2/2021–05/2025 „Verdachtsmomente klären – vertiefende
    Provenienzforschung im Altmärkischen Museum Stendal und Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel“, Corrie Leitz
  • 9/2025–2/2025 „Erstcheck Provenienzforschung NS-Raubgut Kreismuseum Jerichower Land Genthin, im Museum Burg Querfurt und im Museum der Stadt Zerbst/Anhalt“, Anastasia Yurchenko
  • 7/2021–12/2021 Erstcheck 4. Staffel (Teilnehmer: Stadtmuseum „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt, Stadtmuseum Halle (Saale), Historisches Museum für Mittelanhalt & Bach-Gedenkstätte Köthen, Museum Wolmirstedt), Sven Pabstmann
  • 11/2019–5/2021 "Der Museumsverband für die Provinz Sachsen und für Anhalt. Der Einfluss der Museumsberatung und ihrer Netzwerke auf die Museen in der Provinz Sachsen und im Freistaat Anhalt während der NS-Zeit. Akteure, Strukturen, Mittel und Verflechtungen", Sven Pabstmann
  • 12/2019–7/2020 Erstcheck 3. Staffel (Teilnehmer: Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Stadtgeschichtliches Museum Dessau, Städtisches Museum Halberstadt, Kreismuseum Osterburg, Börde-Museum Ummendorf/Bestand Oschersleben), Corrie Leitz

Projektinitiativen der Koordinierungsstelle Provenienzforschung, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste:

  • 5/2023–4/2025 Anhaltische Gemäldegalerie Dessau – "Provenienzforschung in der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau: Zugänge in der Gemäldesammlung 1933–1945", Josefine Czegka
  • 11/2022–10/2024 Museum Schloss Moritzburg Zeitz – "Provenienzforschung im Museum Schloss Moritzburg Zeitz in der Grafischen Sammlung", Anne Paschen
  • 3/2021–9/2021 Museum Aschersleben – "Systematische Aufarbeitung der Bestände aus Freimaurerbesitz im Städtischen Museum Aschersleben mit Blick auf die 1935 liquidierte Ascherslebener Freimaurerloge ‚Zu den drei Kleeblättern‘", Christian Grathwohl-Scheffel
  • 6/2020–9/2022 Museum Synagoge Gröbzig - "Provenienzforschung zu Judaica und weiterem Bestand im Museum Synagoge Gröbzig seit 1933", Tim Schauer

Projekte des Museumsverbandes, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste:

  • 6/2024–11/2024 „Vorgehen der Kunst und Antiquitäten GmbH beim Beschaffen von Kunstgegenständen und Kleinantiquitäten in Zusammenarbeit mit der Zollverwaltung der DDR – Die Sammlung Wurm (Dessau)“, Anna-Elisabeth Keim

Projektinitiativen der Koordinierungsstelle Provenienzforschung, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste:

  • 7/2023–6/2025 Städtisches Museum Halberstadt – „Arbeit und Einfluss der Fachstelle für Heimatmuseen insbesondere unter Heinz Arno Knorr bei der Bestandsbildung, Bestandsdokumentation und Bestandsprofilierung musealer Sammlungen in der SBZ/DDR im Gebiet des heutigen Landes Sachsen, Dr. Claudia Brandt und Kristin Houschka
Durchsicht der Eingangs- und Inventarbücher: „Kreisleitung NSDAP“

Über einem aufgeschlagenen Inventarbuch des Stadtmuseums „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt, wird eine Lupe gehalten, die den Eintrag "Kreisleitung NSDAP" hervorhebt.

Iventarbuecher verschiedener Objektkategorien

zwei Hände greifen in eine Aufstellung von ca. 20 rot eingebundenen Büchern, auf deren Buchrücken in goldenen Großbuchstaben "Inventar" eingeprägt ist.

Kontakt

Dr. Annette Müller-Spreitz

Koordinierungsstelle Provenienzforschung

Käthe-Kollwitz-Str. 11

06406 Bernburg

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