Erstcheck NS-Raubgut 4. Staffel

01.07.2021 bis 31.12.2021

Teilnehmer: Stadtmuseum „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt, Stadtmuseum Halle (Saale), Historisches Museum für Mittelanhalt & Bach-Gedenkstätte Köthen, Museum Wolmirstedt

Projektleiterin: Dr. Annette Müller-Spreitz

Projektbearbeiter: Sven Pabstmann

Gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverlust

Verdacht auf NS-Raubgut

Sven Pabstmann beim Erstcheck im Stadtmuseum Ballenstedt, 2021, Stadtmuseum „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt

Im Museum Wolmirstedt konnten einzelne Verdachtsfälle bei Objekten der Freimaurer (Zugang teilweise nach 1945) und einer Fahne der KPD dokumentiert werden. 

Im Historischen Museum für Mittelanhalt & Bach-Gedenkstätte Köthen wurden mehr als 12 Verdachtsfälle, darunter ein Objektkonvolut von Militaria aus Polen unbekannten Umfangs, festgestellt. Anhand digitaler Inventarverzeichnisse konnten sieben Objekte identifiziert werden, die 1941 von der Gestapo dem Heimatmuseum Köthen 1941 übergeben worden sein sollen und möglicherweise zum ehemaligen Inventar der Synagoge Köthen (zerstört 1938) gehören könnten. Allerdings wurden keine weiteren Belege dazu gefunden. Bei der Besichtigung des Sammlungsdepots wurden möglicherweise zwei Hämmer einer Freimaurerloge gefunden, die während des Erstchecks nicht abschließend als Logenhämmer bestimmt werden konnten. Unter den verschiedenen namhaften Kunsthändlern, bei denen das Museum und der Bürgermeister Hans Thielcke um 1940 zahlreiche Kunstwerke und historische Instrumente erwarben, stechen Käufe beim Leipziger Kunsthändler Curt Naubert hervor. 

Im Stadtmuseum Halle konnten keine Verdachtsfälle von NS-verfolgungsbedingtem Entzug festgestellt werden. Allerdings sind erst rund 40 Prozent des Sammlungsbestandes von etwa 120.000 Objekten bisher inventarisiert. Die umfänglichen Austausch- und Umlagerungsprozesse zwischen den verschiedenen hallischen Museen in der Nachkriegszeit bis hin ins 1954 gegründete Stadtmuseum sind bislang nicht systematisch erforscht. Außerdem wurde der Aufbau einer stadtgeschichtlichen Sammlung in Halle schon ab 1938 unter Einbeziehung des lokalen und überregionalen Kunst- und Antiquitätenhandels vorangetrieben. Inwieweit von solchen Ankäufen hallischer Einrichtungen NS-verfolgungsbedingt entzogene Stücke über Umwege in das Heimatmuseum Halle gelangten und sich möglicherweise noch heute in der Sammlung des Stadtmuseums Halle befinden, bedarf tiefergehenden Untersuchungen. Die heute im Bestand des Stadtmuseums Halle befindlichen rund 25 Freimaurerobjekte wurden mitunter nach 1990 angekauft oder sie werden dem Museum als Leihgaben zur Verfügung gestellt. Ihre Objektbiografie ist unterschiedlich genau überliefert. Bei den etwa dreihundert jüdischen Objekten im Bestand ist es ähnlich: Sie sind seit 2001 aus dem Kunsthandel für die Sammlung des Stadtmuseums erworben worden, allerdings sind die Besitzverhältnisse vor der Erwerbung kaum bekannt.

Im Stadtmuseum „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt gibt es wenige Verdachtsmomente auf NS-verfolgungsbedingten Entzug. Bei dieser vorläufigen Einschätzung muss berücksichtigt werden, dass der Museumsbestand noch nicht vollständig inventarisiert ist und die Erstcheck-Prüfung sich demzufolge nur auf den bereits inventarisierten Sammlungsbestand beschränkte. Im Rahmen des Erstchecks konnten ein Objekt und ein Objektkonvolut (Waffensammlung) anhand der Altinventarbücher identifiziert werden, die aus jüdischem Eigentum stammen und als Schenkungen im April und Oktober 1933 in das Städtische Museum Ballenstedt gelangt sind. Die jüdischen Eigentümer:innen sind nachweislich Opfer von NS-Verfolgungsmaßnahmen gewesen. Dokumente, die einen NS-verfolgungsbedingten Entzug belegen, wurden jedoch nicht gefunden. 

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