Teilnehmer: Museum Aschersleben, Städtisches Museum Halberstadt, Museum Wolmirstedt
Projektleitung: Dr. Annette Müller-Spreitz
Projektbearbeiter: Christian Jarling
Gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste
Der Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. hat erstmals einen Erstcheck koloniale Kontexte mit drei Museen im Bundesland organisiert, um außereuropäische Sammlungsbestände auf Verdachtsmomente hinsichtlich kolonialer Kontexte zu ermitteln.
Teilnehmer: Museum Aschersleben, Städtisches Museum Halberstadt, Museum Wolmirstedt
Projektleitung: Dr. Annette Müller-Spreitz
Projektbearbeiter: Christian Jarling
Gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste
Der Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. hat erstmals einen Erstcheck koloniale Kontexte mit drei Museen im Bundesland organisiert, um außereuropäische Sammlungsbestände auf Verdachtsmomente hinsichtlich kolonialer Kontexte zu ermitteln. Drei Stadtmuseen mit ethnologischen Beständen – das Museum Aschersleben, das Städtische Museum Halberstadt und das Museum Wolmirstedt – waren Projektpartner. Der Provenienzforscher Christian Jarling als Projektbearbeiter hat relevante Ergebnisse in drei umfangreichen Einzelberichten verschriftlicht.
Der Erstcheck ist eine beim Museumsverband erprobte Methode für die Suche nach NS-Raubgut. Nun wurden mittels des „Erstchecks koloniale Kontexte“ auch Sammlungskonvolute kleiner Museen beforscht, bei denen zu prüfen war, ob eine vertiefende Erforschung der Umstände des Erwerbs in kolonialen Herkunftsländern und der Translokation nach Deutschland sinnvoll ist. Für die Museen sind die Sammlungsgeschichte, die Lokalgeschichte und die Aufarbeitung von Spuren der Kolonialzeit besonders wichtig. Aber auch Vorbereitungen für die Transparenz über die Objektbestände sollen beim Erstcheck getroffen werden, um koloniale Kontexte multiperspektiv bewerten zu können und um Vermittlungsarbeit zu stärken.
Der heterogene Bestand im Museum Aschersleben umfasst nach Erfassung im Erstcheck:
Im Museum Aschersleben sind 25 Grabungsobjekte aus Peru und Mexiko als kulturell sensibel und 220 ethnologische Objekte aus Kamerun und Neuguinea als historisch sensibel und ein human remain vertiefend zu beforschen. Schwerpunkte liegen auf zwei potentiellen Objektgebern: Curt? von Hagen (1859–1897?, ab 1893 in Neuguinea als Verwalter verschiedener Plantagenunternehmen, ab 1896 in Neuguinea Generaldirektor für die Neuguinea-Kompagnie), Wilhelm Lederbogen (1870–1948, 1897–1898 Lehrer in Togo und Kamerun) sowie Johannes Umlauff (Naturalien-Handel). Für die kolonialrevisionistisch-propagandistische Kolonialabteilung des Museums schafften Franz Goepner (ab 1934 ehrenamtlicher Museumsmitarbeiter, ab Dezember 1937 Leiter) und Martin Schmidt (1863–1947, Geologe) ab ca. 1938 bis 1944 (Schließung des Museums) gezielt botanische, ethnografische und zoologische Objekte aus den ehemals deutschen Kolonien an, deren Eingangsdokumentation am Museum nicht vorhanden ist.
Die 26 Fundstücke im Städtischen Museum Halberstadt entstanden zwischen 1870 und 1900 und stammen aus Asien, Afrika, Ozeanien und Südamerika. Vermutlich sind sie während der Kolonialzeit nach Europa verbracht worden. Wer sie nach Halberstadt gebracht hat, und ob sie legal erworben wurden, bleibt auch nach dem Erstcheck weiterhin unklar. Eine vertiefende Erforschung ist bei vier Objekten zu prüfen, da sie aufgrund ihrer Verwendung in vermutlich religiösen Praktiken sowie ihres möglichen Entzugskontextes als kulturell und historisch sensibel eingestuft worden.
Der Erstcheck trug maßgeblich zur Aufarbeitung der Sammlungs- und Ausstellungspraxis des Museums von 1905–1946 bei, auch wenn keine Objekte mehr aus diesen Zusammenhängen im Bestand zu sein scheinen. Relevant dafür sind die als „Sammlung Geschichte und Kunst der Fremde“ bezeichnete Sammlungsabteilung des Museums 1905–ca. 1928, die Ausstellung der Deutschen Kolonialgesellschaft 1909/10–1920er? Jahre im Museum, eine Kolonialausstellung im Landratsamt 8.08.–xx.10.1933 sowie beschlagnahmte Objekte des Halberstädter Vereins ehemaliger Ostasiaten und Afrikaner (1946).
Im Zuge der Bodenreform ist 1946 die ursprünglich 449 Einzelstücke umfassende „Afrika-Sammlung“ ins Museum Wolmirstedt gekommen. Christian Jarling hat 235 heute noch vorhandene Objekte der Sammlung zugeordnet und erstmals eine geografische Einordnung zur Herkunft vorgenommen und Aufschriften entdeckt sowie die Titulierungen im Inventarbuch mit den Objekten vor Augen geprüft. Dass dieser Sammlungsbestand aus einem kolonialen Kontext stammt, konnte beim Erstcheck festgestellt werden. Die Biografie des vormaligen Besitzers, Arnold von Eltz (1856–1896, 1885–1896 Offizier in Deutsch-Ostafrika und Bezirkshauptmann am Niassa-See), ist nun bekannt. Fünf Objekte konnten als kulturell sensibel eingestuft werden. Das Projekt hat Kontakt zu einem Nachfahren der Familie von Eltz hergestellt. Die Umstände der "Abholung" 1946 und der koloniale Kontext in Deutsch-Ostafrika könnten so noch etwas erhellt werden.