Bisher war Hans Schomburgk aus einer Perspektive der Filmgeschichte und teils der Großwildjagd bzw. des Tierhandels beforscht worden. Das Provenienzforschungsprojekt zeigt, dass seine Sammeltätigkeit in kolonialen Kontexten eine wichtige Ergänzung für ein ganzheitliches Bild seiner Aktivitäten ist. Anhand von Archivmaterialien kombiniert mit Schomburgks Produktionen (mehr als 30 Bücher, 10 Spiel- und Dokumentarfilme, Fotografien) und von ihm gesammelten 107 Objekten legt der Projektbearbeiter vielfältige Verflechtungen zur Kolonialzeit dar.
Im Projekt konnte gezeigt werden, dass Hans Schomburgk ethnologische Objekte sammelte, um sich zu erinnern, um zu dokumentieren und um andere zu beeindrucken. Die Objekte dienten ihm natürlicherweise als persönliche Souvenirs, aber auch als Kuriositäten zum Zeigen bei seinen Vortragsreisen sowie für sein Geltungsbewusstsein. Oft filmte er gesammelte Objekte bei ihrer Benutzung oder Produktion – beispielsweise Speere beim Zerlegen eines getöteten Elefanten, eine Spindel bei der Baumwollproduktion oder einen Hut und Hutmacher der Haussa. Das Beispiel des Mafue-Steines zeigt aber auch Schomburgks Erfindung verschiedener Szenen, die er als historische Wahrheit darstellte und mit denen er einen gewissen Unterhaltungswert beabsichtigte. Dabei vertrat er die zeitgenössische Vorstellung, die afrikanischen Kulturen bewahren zu müssen, da sie untergehen. Hans Schomburgk generierte technisch sehr aufwendig Filmaufnahmen, führte ein Audiogerät für Lautaufnahmen mit und sammelte Objekte. Er steigerte diese Idee bei einer Expedition im Jahr 1931, um (bewegte) Bilder der gesammelten Dinge im ursprünglichen Kontext zur Verfügung zu haben. Schomburgks Bedürfnisnach Anerkennung einer wissenschaftlichen Leistung zeigt sich in diesem Vorgehen. In seiner Selbstdarstellung beschreibt er beispielsweise den wissenschaftlichen Wert des Mafue-Steins und schenkt ihn demonstrativ an ein Museum, obwohl ein Händler ihm hierfür viel Geld geboten habe.
Im Projektverlauf kristallisierten sich zehn Personen heraus, die Schomburgk auf seinen Reisen begleiteten und daher als Mitwirkende beim Sammeln bzw. als Quellen für sein Sammeln eine Rolle spielen: drei weibliche Familienangehörige, fünf Mitarbeiter an Filmprojekten – darunter ein Afrikaner, Momolu Freemann der Gruppe der Vai angehörig und Unteroffizier in der deutschen Schutztruppe in Kamerun – und zwei Weggefährten, die auch sammelten.
An die Erwerbspraktiken konnte sich der Projektbearbeiter unterschiedlich stark annähern. Deutlich wurde, dass Schomburgks Interesse unterhaltsame Geschichte zu erzählen, Einfluss auf seine Dokumentation der Erwerbsgeschichten hatte. Schomburgks Überlieferungen sind, auch wenn sie kritisch sind, nicht zwangsläufig glaubhaft. Dies zeigt die Geschichte um den Erwerb des Mafue-Steins, die er in verschiedenen Varianten erzählt. Aber auch die Erwerbung der Nomoli-Figur scheint mit dem „Raub als kulturelle Praxis“ von ihm erfunden zu sein. Für die Mehrzahl der Objekte des alltäglichen Lebens oder des Handwerks ist ein Kauf oder ein Geschenk wahrscheinlich. So sind Verhandlungen über Drehgenehmigungen und Objekte glaubhaft belegt. Diese Verhandlungen sind aus heutiger Sicht schwierig zu bewerten. Das von Schomburgk ausführlich dargelegte Beispiel des Konkomba-Helms verdeutlicht, wie er einen fairen Preis bezahlen wollte. Allerdings schickte er Polizisten in ein Dorf, um Personen zu suchen, die bereit waren, Objekte abzugeben. Als die Polizisten den Ort verließen, zogen die Personen ihre Verkaufsbereitschaft zurück. Das offenbart, wie diese sich ggf. unter Druck gesetzt fühlten. Schomburgk wurde als Teil des kolonialen Regimes gesehen und dies beeinflusste alle möglichen Kaufsituationen.